Bevor ich nun mit meinen Erlebnissen von meinem zweiten Tag beginne, möchte ich euch erst einmal ein bißchen mehr über Fraser Island erzählen, denn diese „große Insel“ ist wie keine andere auf der Welt und in ihrer Art einzigartig. Wohl deswegen gehört die Insel heute zum UN Weltkulturerbe.
Fraser Island selbst besteht ausschliesslich aus Sand, feinstem Sand. Zwar gibt es auf Fraser auch Berge und Steine, diese sind jedoch durch die Mischung vom Sand mit anderen Stoffen, etwa Eisen, zustande gekommen. Deswegen sind die „Steine“ hier auch nicht wirklich massiv – viele können relativ schnell brechen oder splittern. Es gibt aber auch deutlich festere Formationen, etwa Indian Head.
Der Sand ist jedoch auch für die schwierigen Verhältnisse auf Fraser verantwortlich. In diesem Jahr gab es eine ungewöhnlich lange Trockenzeit. Bereits seit Juli hat es nicht mehr geregnet, einzig ein kleines Gewitter auf einem Teil der Insel brachte zwei Zoll Regen. Seit ein paar Monaten jedoch wird Regen erwartet, denn die „Wet Season“ – also die Regenzeit – hat bereits begonnen.
Durch die anhaltende Dürre sind viele Straßen auf Fraser in einem sehr schlechtem Zustand. Wenn ich hier von Straßen spreche, dann sind dies immer Wege, die von Förstern von Baumwuchs befreit wurden. Man fährt auf Sand durch, teilweise sehr tiefe, Löcher und Dünen. Eine befestigte oder ebene Straße findet man hier nur selten – abgesehen von den Highways. Der ausbleibende Regen hat den Boden nun besonders sandig und fein gemacht, sodass Autos ohne Vierradantrieb gar keine Chance mehr haben und selbst die mit einem solchen oft noch stecken bleiben. Wir durften während unserer drei Tage mehrfach andere Autos aus dem Sand schieben.
Die Highways auf Fraser sind dann schon deutlich angenehmer. Highway ist auf Fraser grundsätzlich der Strand, vorzugsweise der 60 Kilometer lange Strand an der Ostküste. Dieser ist relativ fest und wird durch die Gezeiten regelmäßig wieder befestigt und geebnet. Man sollte hier allerdings nicht zu leichtfertig sein, denn immer wieder gibt es Auswaschungen von Flüssen bzw. kleineren Bächen, die teilweise enorme Höhenunterschiede hinterlassen. Dazu kommt die normale Unebenheit durch die Wellenbewegung, wodurch natürlich auch noch kleinere Erhöhungen entstehen. Offiziell darf man am Strand bis zu 80 km/h fahren, während im Landesinneren offiziell 30 km/h erlaubt sind.
Im Landesinneren muss man jedoch oft die Geschwindigkeit anpassen – bei langen, extrem weichen Stellen heißt es viel Schung holen und dann hoffen, dass man weit genug rollt/kommt um den zu weichen Sand hinter sich zu lassen. Andersrum heißt es bei sehr tiefen Löchern und unebenen Straßen natürlich auch wieder vorsichtig zu sein. Fährt man hier zu schnell besteht auch schnell die Gefahr eines umgestürzten Autos oder gar eines Achsenbruchs.
Das Fahren in solch einer Umgebung erfordert viel Erfahrung und noch mehr Aufmerksamkeit – umso froher waren wir alle, dass wir einen der erfahrendsten Fahrer auf Fraser hatten. Mit immerhin 18 Jahren auf Fraser Island gehört Dave absolut zu den „alten Hasen“ und meistert jede Situation mit einem Lächeln. Lediglich ein einziges Mal hörten wir ihn enorm fluchen. Dies war nicht etwa wegen miserabler Straßenzustände, sondern weil ein Jeep mit Dachaufbau am Strand mit enormen 95 km/h raste. Während unser Bus dies durchaus meistern konnte, drohte dem Jeep durch jede Unebenheit ein Überrollunfall. Ein solcher endet in der Regel auf Fraser mit enormen Verletztungen und oft auch Toten. Immerhin ist das nächste Krankenhaus – ja sogar die nächste Ambulanz – einige Minuten Flugzeit entfernt.
Ob da noch etwas passierte, wissen wir nicht, da wir bei der nächsten „Attraktion“ anhielten um diesen Wahnsinnigen zu entkommen.